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Credit Spy: Ende gut, alles gut?

Was ist es, was uns im Falle des Überwachungsskandals der CS so stark verstört hat? Mir fallen drei Punkte auf.

Erstens die Tatsache, dass die Schweizer Grossbank offensichtlich einen eigenen internen geheimen Überwachungsdienst unterhält, der Arbeitnehmer auch ausserhalb des Arbeitsplatzes und ihrer Arbeitszeiten überwacht respektive bespitzelt.

Zweitens ist es verstörend, dass sich der betreffende verdeckte Überwachungsmann, der einen Badge der CS hatte, das Leben genommen hat, kurz nachdem sein Name bekanntwurde.

Drittens wurde uns deutlich vor Augen geführt, welchen Druck ausländische Grossaktionäre auf unsere Grossbanken ausüben. Moral und Ethik sind egal.

Der ehemalige, in der Zwischenzeit verstorbene Bundesrat Kurt Furgler wollte einmal eine Bundespolizei einführen. Der Grund war die Bekämpfung von mörderischen Terroristen vor allem aus Deutschland (Rote Armee Fraktion, RAF).

Seine Absicht wurde von den Stimmbürgern durchkreuzt. Die Schweizer wollen keine zentrale Polizeimacht, bei uns haben die Kantone die Polizeimacht mit der Kantonspolizei.

Die Güterabwägung des Volkes war klar. Wir fürchten uns eher vor einer zentralen Bundespolizei als vor den RAF-Terroristen. Das ist die Schweiz.

Vor diesem Hintergrund ist es beängstigend, dass eine Schweizer Grossbank einen eigenen, verdeckten Sicherheitsdienst mit ehemaligen Polizisten betreibt.

Dass dieser geheime Dienst die Arbeitnehmer zudem noch ausserhalb des Arbeitsplatzes und ausserhalb der Arbeitszeit überwacht ist unakzeptabel. Das passt in keiner Weise zur Schweiz.

Nun hat der scheidende Präsident der CS-Generaldirektion mehrmals beteuert, er habe von der Überwachung ehemaliger Generaldirektoren der CS nichts gewusst.

Das macht die Geschichte nicht harmloser – im Gegenteil. Er dürfte zumindest gewusst haben, dass es einen internen Überwachungsdienst gibt.

Wie auch immer: Es geht nicht an, dass ein Unternehmen einen geheimen Überwachungsdienst unterhält mit Ausspionierung und Einschüchterung seiner eigenen Arbeitnehmer und entsprechenden Konsequenzen (über das Anstellungsverhältnis).

Wenn die Arbeitnehmer nur schon vermuten, dass sie geheim überwacht werden, so führt das zu Verunsicherung und Einschüchterung.

Die CS muss der Schweizer Öffentlichkeit und vor allem ihren Arbeitnehmern klaren Wein einschenken: Betreibt sie einen internen, geheimen Überwachungsdienst? Weiss der Verwaltungsrat davon?

Es ist kaum anzunehmen, dass zwei oder drei Franzosen in die Schweiz kamen und hier auf eigene Faust einen internen Geheimdienst bei der Bank installierten.

Falls die CS ihre Angestellten geheim überwacht, so hat sie das diesen gegenüber offen zu kommunizieren. Ob das dann auch noch mit den Freiheitsrechten in der Schweiz zu vereinbaren ist, müsste abgeklärt werden.

Ganz heikel wird es, wenn es um den Selbstmord des Sicherheitsmannes geht. Weshalb hat er sich das Leben genommen, kurz nachdem seine Identität aufflog? Konnte er seinen ehemaligen Arbeitskollegen nicht mehr in die Augen schauen, weil er ein Spitzel war?

Diesbezügliche Fragen bleiben unbeantwortet – auch nach dem Abgang Thiams. Isabel Villalon hat in diesem Zusammenhang hier auf IP berechtigte Fragen gestellt.

Die Öffentlichkeit und die angestellten der CS haben ein Recht, dies zu erfahren. War er der einzige geheime Sicherheitsmann in der CS? Oder wie viele solcher geheimen Sicherheitsleute unterhält die CS?

Sicherheitsleute, welche notabene nicht Terroristen abwehren, sondern das arbeitsrechtliche Verhalten ihrer Mitarbeiter überwachen?

In diesem Zusammenhang stellt sich unweigerlich die Frage, ob die andere Grossbank, die UBS, auch einen geheimen Sicherheitsdienst unterhält.

Und wie steht es bei anderen Arbeitnehmern, beispielsweise bei der SNB? Wie ist die Aussage eines bekannten Ökonomen zu werten, wonach bei der SNB sogar stalinistische Verhältnisse herrschen sollen?

Der Vergleich mit Stalin ist immer ein „No-go“. Trotzdem verstört diese Aussage, auch wenn sie auf Druck eines NB-Bankrates wieder zurückgenommen wurde.

Ich selber arbeitete sowohl für die SKA (heute CS) als auch für die SBG (heute UBS). Schon damals herrschte ein Klima der Einschüchterung am Paradeplatz und an der Bahnhofstrasse.

Bei der SKA absolvierte ich das Studium für Hochschulabsolventen und arbeitete dann ein Jahr am Paradeplatz.

Nach der langen Ausbildungszeit wollte ich mir etwas Besonderes leisten: einen Jaguar E. Mein damaliges Salär von 3’600 reichte nicht weit. Also wechselte ich zur Citicorp Investment Bank in Genf.

Am Tag meiner Kündigung wurde mir umgehend der Badge abgenommen; ich wurde zur Türe begleitet. Ein „Adieu-sagen“ an meine Kolleginnen und Kollegen war nicht mehr möglich. Man behandelte mich wie einen Schwerverbrecher.

Bei der SBG war ich bereits zehn Jahre Markt-Stratege. Unter Androhung von „grossen Schwierigkeiten“ wurde mir verboten, als Privatmann die Geldtheorie, Basis der SNB-Geldpolitik, zu hinterfragen. Als verantwortungsbewusster Volkswirtschaftler musste ich es dennoch tun.

Nach einem Vortrag vor dem Verband akademischer Volkswirtschafter in Zürich titelte der Tages-Anzeiger: „Ein Kopernikus der Geldtheorie?“. Am selben Tag wurde ich von meinen Chefs vorgeladen, ich müsse die SBG innerhalb von drei Tagen verlassen.

Der Chef der SBG-Schweiz sagte mir noch, falls ich es wagen sollte, aufs Arbeitsgericht zu gehen, würde man sich dort mit allen Mitteln zur Wehr setzen.

Die Kultur von Misstrauen und Einschüchterung treibt ihre giftigen Blüten also schon lange am Paradeplatz. Das ist nicht neu – und nicht erst seit Thiam.

Dass die Aktienkurse der betreffenden Banken seither auf einen Bruchteil gefallen sind, zeigt, dass ich bei den Grossbanken nichts Gescheites verpasst habe. Es verdeutlicht vielmehr das verfehlte Führungsverhalten dort.

Und nun möchte ich noch kurz auf das Verhalten der ausländischen Grossaktionäre eingehen. Es wurde einmal mehr deutlich, dass die Ausländer am Paradeplatz verstärkt das Sagen haben. Nur in letzter Minute konnte hier nun ein Angriff abgewehrt werden.

Wir haben deutlich gesehen: Verkauft ist verkauft. Wird eine Grossbank ans Ausland verkauft, so werden damit auch die Arbeitsplätze verkauft. Ausländer kündigen dann die Schweizer – je schneller, desto besser.

Es muss also gut überlegt sein, ob man ein Unternehmen ans Ausland verkauft. Es stellt sich auch die Frage, weshalb die CS keine vinkulierten, stimmrechtsbeschränkten Namenaktien besitzt.

Diese könnten die Schweizer Grossunternehmen vor feindlichen Übernahmen aus dem Ausland schützen (siehe Basler Grosschemie).

Beim jüngsten Kampf um die Vorherrschaft bei der CS ging es nicht einmal mehr um die Gewinnmaximierung und die Frage, wer hat die besseren Geschäftsideen?

Vielmehr wurde versucht, ein Führungsgremium zu etablieren, welches aus den Schweizer Banken hinaus ausländischen Staaten zudient. In diesem Fall was es wahrscheinlich Frankreich.

Dieser Versuch wurde nun offensichtlich vereitelt. Für wie lange?

Der jüngste Fall verdeutlicht aber auch eine unglaubliche Liederlichkeit und Gleichgültigkeit der Schweizer Grossaktionäre. Deren Stimme ging vollkommen unter. Das „Sprachrohr“ der CS-Auslandaktionäre erhob Anspruch auf gerade mal acht Prozent der CS-Aktien.

Wo waren die Schweizer Grossaktionäre? Weshalb gibt es bei der CS keine vinkulierten stimmrechtsbeschränkten Namenaktien? Die wären bei der CS nun sehr nützlich.

Das Aktienrecht muss dringend angepasst werden. Die Grossaktionäre, darunter die Pensionskassen, müssen gesetzlich dazu verpflichtet werden, dass sie im Sinne ihrer Versicherten abstimmen.

Diesen Willen müssen und können sie eruieren. Das wäre den Aufwand wert.

Depotstimmen, im Sinne des Verwaltungsrates abzustimmen, müssen verboten werden. Wieviel Unheil haben solche „Gefälligkeitsstimmen“ im Sinne des Verwaltungsrates in unserem Lande bereits angerichtet?

Man denke an die übermässigen Boni, welche Grossbanken schon an den Rand des Ruins gebracht haben, weil die Manager hochriskante Geschäfte eingingen in der Hoffnung auf einen fetten Bonus.

Bei Verlusten rennen sie dann nach Bern, und das Schweizervolk darf bluten.

Ich bin überzeugt, dass die grosse Mehrheit der Pensionäre, welche ein Leben lang in ihre Pensionskassen einzahlten, nicht einverstanden sind mit dieser Art der Führung, wie sie nun bei der CS praktiziert wurde oder immer noch wird.

An der GV dürfte dem Verwaltungsrat jedoch wiederum Décharge erteilt werden; auch mit den Depot-Stimmen der Pensionskassen, gegen den Willen der Pensionäre im Saal.

Das ist Zweckentfremdung des Stimmrechts.

Jeden Tag eine nächste Bombe – zum Glück beendeten CS-Präsident Rohner und der VR das Trauerspiel, meint Hans Geiger. Nachfolger Gottstein habe viel Stallgeruch, er müsse rasch die Wett-Abteilung eindämmen.

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Marc Meyer
Together with the professor Hans Geiger and Lukas Hässig, Dr Marc Meyer is the biggest opponent of the Swiss National Bank. Analogously to Macbeth's three witches, George Dorgan called them the three Swiss sorcerers that fight against the seemingly unlimited power of central banks.
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